Ausbildungsjahr 2023 hat begonnen

Liebe Freunde und Förderer,

in Kenia hat im Januar das Ausbildungsjahr 2023 begonnen. Ich konnte mich davon überzeugen, wie die Berufscolleges und Ausbildungsträger, mit den wir zusammenarbeiten, sich darauf vorbereitet haben, wie die Jugendlichen ihre Unterrichtsräume und Werkstätten in Beschlag nehmen und sich die Apamoyo-Stipendiaten auf den Start in einen neuen Lebensabschnitt oder schon auf das bevorstehende Examen freuen.

Die Aufbruchsstimmung war ansteckend und inspirierend, auch für Jacinta Mativo und James Bundi von unserer Partnerorganisation CoWA, die unsere Aktivitäten in Kenia begleiten und mit denen ich in unseren Projekten unterwegs war. Aber mit dem Enthusiasmus wächst auch die Verantwortung. Denn auch und gerade Kenia leidet unter massiv steigenden Lebenshaltungskosten infolge des Ukraine-Kriegs, und Bildungsträger spüren das an rückläufigen Anmeldezahlen. Gleichzeitig müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht am eigenen Erfolg verheben.

Aber der Reihe nach. Ich möchte Euch und Ihnen heute einige junge Leute vorstellen, die mit einem Apamoyo-Stipendium eine Berufsausbildung absolvieren, eine Arbeit gefunden haben oder eine Existenz gründen.

Die erste Frauen-Autowerkstatt in Kenia

Etwa die 20-jährige Cynthia Wambui, alleinerziehende Mutter eines zweijährigen Sohns und angehende Kfz-Mechanikerin im zweiten Ausbildungsjahr am St. Kizito Vocational Training Institut in Githurai nahe der Hauptstadt Nairobi. Motorräder und Autos waren schon immer ihre heimliche Leidenschaft. Eine erste Ausbildung zur Friseurin und Kosmetikerin hat Cynthia deshalb nach ein paar Monaten abgebrochen und Shampoo und Schere gegen Hammer und Schraubenschlüssel getauscht. Sie und inzwischen vier weitere Mädchen haben sich längst Respekt verschafft: „Die Jungs nehmen uns ernst, denn wir lieben unsere Arbeit, und wir sind gut“. Ende des Jahres macht Cynthia ihre Abschussprüfung, dann will sie sich ihren Traum erfüllen: „Ich werde die erste Frauen-Autowerkstatt in Kenia gründen.

Mädchen sind in Kenia auf der Überholspur, das zeigen weitere Beispiele: Damaris Luisa Lemosiany hatte sich vor drei Jahren um ein Stipendium für eine Berufsausbildung beworben. Angesichts ihres hervorragenden Grundschulabschlusses haben wir uns aber gemeinsam entschieden ihr die High School zu finanzieren. Als Champion in Mathematik, Physik und Geschichte übertrifft sie regelmäßig alle Erwartungen und macht im November ihr Abitur. Danach möchte Damaris Architektur studieren.

Nach dem Abitur ein Architektur-Studium

An Felistas Njuguna werden sich manche erinnern. Sie studiert nach ihrem Hauswirtschafts-Diplom am Kibondeni College nun Tourismus-Management an der Technischen Universität Nairobi und macht im Sommer ihren Bachelor. Danach wird sie eine Stelle als Dozentin am Kibondeni antretenund will 2024 in Abendkursen ihren Master anschließen. Merian Anyango und Samantha Nyambura werden nach guten Abschlüssen ihrer hauswirtschaftlichen Grundausbildung mit der Diplom-Ausbildung am Imani Training Center weitermachen. Und dann sind da noch Ashley, Harriet, Jane, Rose ...

Aber natürlich gibt es auch jede Menge junge Männer, die mit unserer Unterstützung in der Ausbildung sind oder eine Festanstellung als Elektriker, Schreiner, Schneider, Zweirad-Mechaniker oder Solar-Techniker gefunden haben. Zwei möchte ich erwähnen: Kevin Masita, den wir Ihnen im Dezember vorgestellt haben, nachdem sein kleiner Kiosk von den städtischen Bulldozern dem Erdboden gleich gemacht wurde, hat seine Ausbildung zum Barkeeper abgeschlossen. Er startet gerade als Aushilfe hinter der Theke vom „Crafty Cameleon“, einer Bar mit eigener Brauerei, die derzeit zu den Top-Locations in Nairobi gehört.

Barkeeper und Kfz-Mechaniker

Bei unserem Besuch in Dagoretti, einem Ortsteil von Nairobi, überholt uns eine Mercedes-S-Klasse und fliegt mit einer Staubfahne über die Schlaglöcher der Straße. Am Steuer sitzt Gabriel Kamau, der uns auf dem Weg zu „seiner“ Werkstatt hinter sich herwinkt. Vor einem Jahr hat er am Don Bosco Technical Institute seinen Abschluss als Kfz-Mechaniker gemacht, gerade eben ein Getriebe repariert und ist jetzt mit der S-Klasse auf Probefahrt. Der stämmige junge Mann im blauen Overall könnte schon bald Juniorpartner in dem kleinen Betrieb werden. Dafür wünscht er sich ein digitales Diagnosegerät. „Mit dem kannst du nicht nur eine Fehleranalyse durchführen, sondern dich online direkt mit Mercedes in Stuttgart verbinden“, erzählt Gabriel, „und dann gibt dir das System alle Ersatzteildaten einschließlich Bezugsquelle“. So ein Gerät, das er sich derzeit jedes Mal aufwändig und teuer leihen muss, kostet umgerechnet etwa 800 Euro.

Und da kommt Apamoyo ins Spiel. Wir haben schon vor knapp einem Jahr über unsere Idee berichtet, hoffnungsvolle und vertrauenswürdige Existenzgründer mit einem Starter-Kit auszustatten und lange im Vorstand und mit unseren Partnern in Kenia über Chancen und Risiken diskutiert... Wie können wir uns zum Beispiel vor Missbrauch und Betrug schützen?

Schließlich haben wir uns folgendes überlegt: Gabriel Kamau und seine Werkstatt werden unser Pilotprojekt. Apamoyo kauft, besitzt und versichert das Diagnosegerät, bis er es in monatlichen Raten abbezahlt hat. Gleichzeitig ist Gabriel Mitglied unseres eingetragenen Sparclubs und unterwirft sich damit der Kontrolle der gesamten Gruppe. Nicht zuletzt wird er Cynthia Wambui als Mentor unterstützen und ihr einen Praktikumsplatz in seiner Werkstatt anbieten. Nach diesem Muster wollen wir drei weiteren Existenzgründern eine Starthilfe gewähren, wenn sie uns mit ihren Businessplänen überzeugen.

Berufsausbildung bedeutet Lebensperspektive

Schon vor ein paar Jahren haben wir erkannt, dass unser Stipendienprogramm nur so erfolgreich ist, wie es eine Investition in Beschäftigung und eine sichere Existenz bedeutet. „Die Urkunde habt ihr, nun seht zu, wie ihr klarkommt“ – das wäre naiv und fahrlässig gewesen. Für unser Konzept einer nachhaltigen Betreuung von Absolventen konnten wir deshalb 2020 die Landesregierung NRW für drei Jahre mit einer Fördersumme von jährlich rund 10.000 Euro ins Boot holen und mit unserem lokalen Partner CoWA die gemeinnützige „Training & Job Agency“ als unser zweites Standbein aufbauen – mit Programmen vom Bewerb-ungs-Training bis zum Existenzgründer-Workshop, und nicht zuletzt unserer digitalen Job-Börse, über die im letzten Jahr 98 Jugendliche eine Festanstellung gefunden haben.

Darauf sind wir sehr stolz, denn das Konzept geht auf und das Projekt und zeigt Wirkung. Der Haken an der Sache: die NRW-Förderung ist ausgelaufen und die weitere Finanzierung völlig unklar. Kurzfristig und mit Einschnitten können wir dieses ganzheitliche Modell von der Ausbildung und Persönlichkeitsentwicklung bis zur Arbeitsbeschaffung und Existenzsicherung mit eigenen Reserven am Leben erhalten, aber ohne zusätzliche Unterstützung droht das Aus.

Ich hatte mir eigentlich vorgenommen hier keinen Bettelbrief zu schreiben, sondern mich für Ihre und Eure großartige Unterstützung zu bedanken, auf die wir dringend weiter angewiesen sind. Mein heutiger Aufruf geht deshalb auch in eine etwas andere Richtung:

Erzählen Sie unsere Geschichte weiter. Werben Sie für unsere Arbeit bei Verwandten, Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen. Machen Sie Ihren Geburtstag, eine Familien- oder Firmenfeier, ein Schul- oder Stadtteilfest zum Apamoyo-Fundraising-Event, werden Sie als Unternehmen unser Sponsor und übernehmen eine Ausbildungs-Patenschaft, spenden Sie Werkzeug und Arbeitsmaterial oder überraschen Sie uns mit eigenen Ideen.

Machen Sie Apamoyo zu Ihrem Projekt und unterstützen Sie unsere erfolgreiche Arbeit in Afrika.

Herzliche Grüße

Wim Dohrenbusch

Zurück
Zurück

Rundbrief – Dezember 2023

Weiter
Weiter

Rundbrief – Dezember 2022